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Niederländische Staatsjacht, Entwurf von 1767

 

Mit Staatsjacht (niederl. statenjacht) wurden seit dem 17. Jahrhundert die großen Spiegeljachten mit ihrem geräumigen Heckpavillon bezeichnet, die die führenden Persönlichkeiten einiger behördlicher Kollegien der Republik des 17. Jahrhunderts beförderten: Die Vertreter der Admiralität, der Kammern der Vereinigten Ostindischen Compagnie, der Generalstaaten und der Staaten der Seeprovinzen benutzten eine solche Jacht als offizielles und komfortables Transportmittel so wie ihre Nachfahren heute den Dienstwagen. Statthalter machten ebenfalls von diesen Schiffen Gebrauch. Dann wurden sie als Prinzenjacht bezeichnet, in den anderen Fällen auch als Admiralitäts- oder Compagniejacht.

Die Jachten konnten auf Binnengewässern fahren, auf der Zuiderzee und – bei nicht allzu rauhem Wetter – auch auf der Nordsee. Das Wort Jacht leitet sich von „jagen“ her in der Bedeutung von „sich schnell fortbewegen“. Es bezeichnete ein Schiff, das eher viel Segeltuch als schwere Lasten tragen sollte und entsprechend gebaut war. Die Staatsjacht hatte ein völliges, also rundes Vorschiff und ein Achterschiff mit Spiegel. Dieses Achterschiff wurde oft ebenso übermäßig verziert wie das eines großen seegängigen Spiegelschiffes. Seitenschwerter verringerten die Abdrift. Das Schiff führte an seinem einzigen Mast ursprünglich ein Sprietsegel, seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aber ein Gaffelsegel.

Interessant ist vielleicht die Refftechnik damals auf den Jachten: Bei gutem Wetter wurde das Gaffelsegel, später auch die Stagfock am Unterliek durch einen oder zwei Streifen Segeltuch, die Bonnetten, verlängert. Wird der Wind zu stark, kann man das Bonnet mit einem einzigen Zug an der Anreihleine vom Segel lösen, was der Wind auch noch unterstützt. Sonst müsste man mit etlichen Reffbändseln den unteren Teil des Segels raffen.

Mittschiffs befanden sich unter Deck eine geräumige Kajüte sowie eine Kombüse und Schlafkabinen. Auf dem Achterdeck erhob sich ein luxuriös eingerichteter Aufbau, der Pavillon, mit großen Fenstern in der Rückwand und in den beiden Seitenwänden.

Für die Beförderung von Würdenträgern war ein charakteristischer Fahrzeugtyp entstanden, der einerseits mit den Binnenschiffen jener Zeit verwandt war (geringer Tiefgang, Seitenschwerter, keine Rah-, sondern zunächst Spriet- und später Gaffel- und Stagsegel) und andererseits manche Gemeinsamkeiten mit den Kriegsschiffen hatte (Spiegel, Heckaufbau, Scheg – das vorderste Holz am Schiff, das vom unteren Teil des Vorstevens bis unter die Galionsfigur reicht –, Galionsfigur und einige Geschütze).

Wegen der pompösen Ausführung und der reichen Verzierungen lenkten diese großen Spiegeljachten natürlich das Interesse auf sich, auch dasjenige der Künstler. Sie kommen häufig auf Gemälden des 17. Jahrhunderts mit Hafen- und Reedeansichten vor, häufiger als es wahrscheinlich in Wirklichkeit jemals der Fall war. Es gibt in den Schiffahrtsmuseen auch relativ viele Modelle dieser prachtvollen Schiffe aus unterschiedlichen Perioden. Sie zeigen einen bestimmten Entwicklungsgang, doch nicht so sehr in der Hauptform als vielmehr in der Detaillierung.

Im 18. Jahrhundert begannen die Bujertypen, Fahrzeuge mit aus jedem Blickwinkel weichen Rundungen, die Spiegelschiffe zu verdrängen. Die holländische Marine schaffte die letzte klassische Staatsjacht 1843 ab.

Dem Schiffsmodell Ivan Trtanj’s liegen Zeichnungen aus dem Maritiem Museum „Prins Hendrik“ in Rotterdam zu Grunde. Es handelt sich um eine große Prinzenjacht von 65 Fuß Länge zwischen den Loten. Der Pavillon ist in der Art wie um 1700 gebaut: Sein Boden liegt tiefer als das Deck, sodass der Helmstock, die Ruderpinne kleinerer Fahrzeuge, über sein Dach hinwegstreichen kann.

Das Wappen Wilhelms V. von Nassau-Oranien am Spiegel ist vom Band des Hosenbandordens umkränzt. Die Verzierung links und rechts ist zum Teil wohl von jemand anderem entworfen worden als die mittlere Partie. Wie bei den Jachten des 17. Jahrhunderts gebräuchlich, trägt das Scheg eine üppige Gruppe aus dem Reich der Meergötter. Das geflügelte Delphinross Arion, das von Poseidon und Demeter gezeugt und von den Nereiden aufgezogen wurde, versieht seinen Dienst als Paukenpferd. Ein kleiner Meergott schlägt auf das mit Fransen verzierte Instrument, während etwas weiter achtern an Backbord und an Steuerbord ein Triton das Horn bläst. Man achte ferner auf den gekehlten oberen Rand der Seitenschwerter, der laut G. C. E. Crone wohl nur bei diesem Entwurf vorkommt. Es ist nicht bekannt, ob jemals ein Schiff nach diesen Plänen ausgeführt wurde. Wegen des geflügelten Pferdes an der Galion hat Trtanj sein Modell PEGASUS genannt.

 
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