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Leibschiff des bayerischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph von 1766-69

 

Prunkschiffe sind nicht erst eine Erfindung der Re-naissance oder des Barock. Schon im Altertum dienten sie fürstlicher Repräsentation und waren Zeichen königlicher Macht, denken wir nur an die prächtigen Nilboote der Pharaonen oder an die Lustschiffe der Römer.

Im ausgehenden Mittelalter wurde Venedig mit seinen prunkvollen Gondeln der Dogen und der reichen Nobile schon früh zum maßgebenden Vorbild. Später folgte Versailles, welches das Bootfahren auf künstlichen Seen und Kanälen zum grandiosen Schauspiel höfischen Zeremoniells erhob. Andere Höfe folgten dem Beispiel.

Der Münchner Hof besaß nicht nur seine Reiseschiffe auf dem Inn und auf der Donau. Er verfügte auf dem Starnberger See über eine ganze Flotte, die nur dem Vergnügen und der Repräsentation diente. Die ersten detaillierten Nachrichten darüber sind aus dem 15. Jahrhundert erhalten, und bereits im 16. Jahrhundert berichtet Philipp Apian von außerordentlich bemerkenswerten Schiffen mit Masten und Segeln. Sie boten den Renaissancefürsten Wilhelm IV. (1508-50) und Albrecht V. (1550-79) aus dem Hause Wittelsbach, deren Sommerresidenz Schloss Starnberg war, Gelegenheit für rauschende Seefeste, Wettfahrten, Seejagden und kunstvolle „Seeschlachten“. Nach dem Dreißigjährigen Kriege, als Deutschland am Boden lag und für Luxus wahrlich kein Geld übrig war, schuf Kurfürst Ferdinand Maria eine neue, noch größere Flotte. Ihr strahlender Mittelpunkt war das Prunkschiff BUCENTAUR, das, nach dem Vorbild des venezianischen BUCINTORO gebaut, an Größe und Pracht alles übertraf, was je (außerhalb Venedigs) auf europäischen Binnengewässern zu sehen war.

Die Kurfürsten Ferdinand Maria, Maximilian II. Emanuel (1679-1726) und Karl Albrecht (1726-45, als Karl VII. seit 1742 römisch-deutscher Kaiser) feierten damit auf dem See Feste, deren barocke Pracht in ganz Europa berühmt wurde. An die 2000 Menschen waren da oft auf den Schiffen, um sich zu vergnügen, zu tafeln oder die abendlichen Feuerwerke und Illuminationen zu genießen. Eine in ganz Europa berühmte Spezialität war die Hirschjagd vom Schiff aus. Dazu trieb man die Tiere aus den umliegenden Wäldern, auch aus Zuchtgehegen, in den Starnberger See, und bei Beleuchtung durch Feuer am Ufer hatten die Herrschaften auf den Lustschiffen das Vergnügen, auf die schwimmenden und sich deshalb ziemlich langsam bewegenden Tiere zu schießen.

Dieser glanzvollen Barockpracht folgte die elegante Rokokoflotte Maximilians III. Joseph (1745-77). Nachdem sich der Kurfürst 1758 für den Abbruch des nicht mehr zeitgemäßen BUCENTAUR und der „Roten Halben Galeere“, des zweitgrößten Schiffes, entschlossen hatte, hatte die Lustschiffflotte ihr eigentliches, über 100 Jahre gültiges Zentrum verloren. Die folgenden Jahre, in denen die Schiffe mehrmals überholt und der Zeit angepasst, zum Teil auch völlig neu gebaut wurden, brachten darüber hinaus Veränderungen mit sich, die am Ende ein weitgehend anderes Bild der Flotte ergaben. So wurde schon die alte Abstufung BUCENTAUR - Halbe Galeeren - Gondeln - Farmschiffe - Einbäume, die noch ganz der barocken Idee von Symmetrie und Zentrierung um den Mittelpunkt entsprach, mehr und mehr eingeebnet. Die wichtigsten Schiffe waren zuletzt alle von etwa gleicher Größe. Auch das Farbprogramm wurde zugunsten einer größeren Farbigkeit zunehmend modifiziert. Die Farbabstimmung, die Dekoration und die Konstruktion des Aufbaus wandelte sich ganz im Sinne des Rokoko zum Leichteren, Zierlicheren, Transparenteren hin. Auch in der schiffstechnischen Konzeption gab es einen Wandel, allein schon durch die Tatsache, dass jetzt fast alle größeren Schiffe mit einem Segelmast ausgerüstet wurden, auch die, welche im Aufbau den ehemaligen Gondeln entsprachen, also das Kabinett mittschiffs trugen. Ganz bezeichnend für diese Entwicklung ist schließlich, dass die traditionellen Schiffsbezeichnungen nicht mehr durchgehend übernommen wurden und einer ganz neuen Namensgebung weichen mussten. Am Ende stand eine Flotte, die sich klar absetzte von jener berühmten um den BUCENTAUR, die von Ferdinand Maria (geb. 1636) bis herauf zu Karl Albrecht (1697-1745) in annähernd unveränderter Form bestanden hatte.

Vor allem fehlte nunmehr ein spezielles Leibschiff, das sich, für die Person des Fürsten reserviert, sichtbar von den anderen abhob. Erst 1766 wurde das längst geplante neue Leibschiff in Angriff genommen. Es wurde 68 Schuh (etwa 20 m) lang und 10 Schuh (2,9 m) breit. Das Dekorieren mit Malerei und Schnitzwerk zog sich, aus finanziellen Gründen wohl, noch über längere Zeit hin. Maler Schnabl grundierte es vorerst nur. Es wurde zunächst geplant, einfach das alte Kabinett des Leibjagdschiffes, das 1758 abgenommen, aber nicht zerschlagen worden war, auf das neue Schiff zu übernehmen. Der Vorschlag wurde aber nicht akzeptiert, da das Kabinett inzwischen um die 50 Jahre alt war und nicht einmal alle Fenster klares Tafelglas, sondern zum Teil noch Butzenscheiben besaßen. Es entsprach ganz einfach nicht mehr dem Geschmack der Zeit. 1768 wurde deshalb ein neues Kabinett in Auftrag gegeben. Es wurde 11 mal 13 Schuh groß (3,2 x 3,8 m) und bekam vier verglaste Türen und schöne großflächige Fenster. Das Dach wurde von acht vergoldeten Säulen getragen. Nun wurde auch der Rumpf von André Schnabl farbig gefasst, und zwar mit gelben Muscheln auf blauem Grund. Bug und Heck wurden mit besonders reichem, kräftigem Muschelwerk hervorgehoben. An einem Mast auf dem Vorschiff konnte ein Rahsegel gesetzt werden. Das neue Leibschiff bekam eine Ruderbesatzung von 18 Mann vor und zwei Mann hinter dem Kabinett sowie einem Steuermann.

1769 sollte das neue Schiff auch noch mit einer Bugfigur verschönert werden, und zwar mit einer 9 Schuh (2,6 m) großen, vergoldeten „Fama“, die mit einer Hand die Posaune an den Mund und in der anderen die weiß-blaue Flagge hielt (Fama war bei den Römern die Personifikation des Gerüchts als weiblicher Dämon mit vielen Augen, Ohren und Zungen). Diesen Auftrag bekam im Dezember 1768 Johann Baptist Straub, einer der großen Bildhauer des 18. Jahrhunderts, der mit seiner Werkstatt eine lange Reihe von Kirchen mit Altarausstattungen geschmückt hat, von denen einige zu den bedeutendsten und reifsten Leistungen der Zeit zählen. Er wurde beauftragt, gleich auch die anderen Schiffe mit den gehörigen „Zeichen“ zu versehen, so das ehemalige Leibjagdschiff mit einem Löwen, der eine Fahne hält, das dritte mit einem Schwan, das vierte mit einem Hirschkopf.

Nach diesen Bugfiguren wurden die Schiffe nunmehr auch benannt, eine grundlegende Neuerung gegenüber der bisherigen Praxis, die nach Funktion und Formgebung unterschied. Die FAMA war demnach das neue Leibschiff. Das ehemalige Leibjagdschiff wurde nun als LÖWENSCHIFF geführt, das ehemalige Kammerherrnschiff als HIRSCH. Ein weiteres Schiff erhielt nach seiner Bugfigur den Namen SCHWAN. Durch glückliche Umstände haben sich zwei dieser Galionsfiguren erhalten, nämlich der Löwe und der Schwan, die im Heimatmuseum von Starnberg zu besichtigen sind.

1777 wurde die FAMA, die „elf Jahre nicht mehr aus dem Wasser gekommen ist“, zusammen mit den anderen vier abgeschoppt und frisch gestrichen und die Malereien wurden renoviert. Das war das Letzte, was noch unter Max III. Joseph, der im Dezember 1777 unerwartet starb, an der Flotte verbessert wurde.

In dieser Zeit und auch danach noch unter Karl Theodor (1733-99, bis 1777 Kurfürst in Pfalz-Bayern, danach auch in Kurbayern) wurden – wenn auch bei weitem nicht so häufig, so prachtvoll und in so großem Kreise – immer wieder zu Ehren hochstehender Gäste in Starnberg und auf den Schiffen Feste gefeiert oder Seejagden abgehalten.

 
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