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Fregatte Berlin und Große Jacht PDF Drucken E-Mail

Brandenburgische Schifffahrt am Beispiel der Fregatte BERLIN (1674) und der großen Jacht (1678/79)

 

Nach dem verheerenden Dreißigjährigen Kriege sah Friedrich Wilhelm I. von Hohenzollern, der Große Kurfürst (1640-88), im Überseehandel – gemäß dem Beispiel der Niederländer – eine Möglichkeit, Brandenburg prosperieren zu lassen. Was ihm dazu fehlte, waren günstig gelegene Häfen und Schiffe oder Werften, also eigentlich alles Wesentliche. Das Kurfürstentum hatte nur an der hinterpommerschen und an der ostpreußischen Ostseeküste Zugang zum Meer, und der einzige Ort, der sich als Hafen anbot, war Pillau vor Königsberg. Aber das nötige Geld für solche Pläne war nicht vorhanden, und so arrangierte man sich zunächst mit Hamburg und unterhielt dort eine Faktorei. Die Dänisch-Ostindische Kompanie zu übernehmen, die der dänische König verkaufen wollte, scheiterte 1653 am immer noch fehlenden Geld.

Erst ab 1675, nach dem Sieg gegen die Schweden bei Fehrbellin, hören wir wieder etwas über Kurfürst Friedrich Wilhelms Bestreben, eine kleine Flotte aufzustellen, um nämlich die Schweden auch zur See zurückzudrängen. 1672/73 führte der holländische Kaufmann und Reeder Benjamin Raule mit Wissen des Kurfürsten einen Kaperkrieg gegen schwedische Schiffe in der Ostsee. Von diesem Raule, der künftig die brandenburgische Marine organisieren sollte, mietete der Kurfürst nun und auch in der Folgezeit einige Schiffe. Diese setzte er nicht nur gegen Schweden ein, sondern auch in einem Kaperkrieg gegen Spanien, weil es seine Schulden aus der kriegerischen Unterstützung gegen Frankreich nicht bezahlen wollte – doch leider ohne den erwarteten Erfolg.

1681 wurden die ersten beiden Schiffe nach Guinea, an die verheißungsvolle Goldküste, geschickt. 1682 gründete man in Berlin die Brandenburgische Afrikanische Handelskompanie. 1683 erhielt Friedrich Wilhelm das Recht, Emden als Hafen zu nutzen. Diese Basis lag bedeutend günstiger als Kolberg oder Pillau. Große Schiffe konnten weder hier noch dort gebaut werden, und so blieb 1684 nur der Kauf von zehn Schiffen, und zwar mit Ratenzahlung, um den Seehandel voranzubringen. Diese kurfürstliche Marine, von einem Staat und nicht wie die holländischen Handelskompanien von privaten Reedern unterhalten, erlitt durch Angriffe oder Schiffbruch Verluste. Um diese auszugleichen und nicht nur deshalb, gründete Raule im Auftrage des Kurfürsten eine Werft für Seeschiffe in Havelberg, wo er schon seit Jahren einen privaten Holzhandel führte. Er holte holländische Schiffbauer nach Brandenburg und ließ zwischen 1688 und 1694 15 Schiffe nach Vorbildern der führenden Schiffbaunation auf Kiel legen. Aber was waren 15 Schiffe gegen Tausende der Niederlande!?

Kurz nach der Kiellegung der Fregatte FRIEDRICH III. starb der Große Kurfürst am 8. März 1688. Sein Sohn Friedrich III., ab 1701 selbst ernannter „König Friedrich I. in Preußen“, war zwar bestrebt, das geringe Erbe an Kriegsmarine zu erhalten und auszubauen, aber möglichst ohne große Kosten. Für die Handelsschifffahrt interessierte er sich jedoch überhaupt nicht. Trotzdem bemühte man sich unter Führung von Raule und mit Hilfe dessen eigener und geliehener Schiffe, der dem Untergang geweihten Handelskompanie immer wieder Leben einzuhauchen. 1692 liefen zwei Konvois in Richtung Guinea aus – wohl auch zum Sklavenhandel. Die Zeit um 1692 war auch diejenige intensivster Bautätigkeit auf der Havelberger Werft. Doch ab 1695 wurden hier keine neuen Schiffe mehr aufgelegt. Im Dezember 1699 sollte die Werft verkauft werden, was erst im August 1702 zu einem Spottpreis gelang. In Hamburg lagen etliche Havelberger Neubauten und warteten wegen fehlender Finanzen jahrelang auf ihre Ausrüstung, bis sie dann unfertig und unter Preis verkauft wurden oder aber verrotteten. 1692 war auf Raules Anregung eine neue Handelskompanie, die Brandenburgisch-Africanische-Americanische, gegründet worden. Aber 1711 entzog König Friedrich I. der jetzt Königlich-Preußischen-Africanischen Compagnie die Bewilligung. Ihr Vermögen wurde eingezogen; der König brauchte Geld für seine Hofhaltung. Damit verschwand die Flagge mit dem roten brandenburgisch-preußischen Adler von den Meeren.

Die Fregatte BERLIN gehörte zu acht Schiffen, die der Große Kurfürst 1679 charterte, um eine brandenburgische Handelskompanie zu gründen. Einige dieser Schiffe waren auch diejenigen, die mit wenig Erfolg 1680 den Kaperkrieg gegen Spanien führten (s. o.). 1674 wurde die Fregatte in Zeeland auf Kiel gelegt. Sie war 80 Fuß (22,65 m) lang und über den Außenkanten des Hauptspants 22 Fuß (6,23 m) breit. 1676 war sie mit 15 gusseisernen Kanonen, 2-, 3- und 4-Pfündern, bewaffnet, die von 40 bis 50 Soldaten bedient wurden. Zur Besatzung gehörten weiterhin 30 bis 35 Seeleute. In der Mitte des blauen Spiegels prangte der schwarze Bär des Berliner Wappens im weißen Feld, darüber rot und golden der Kurhut mit Hermelinbesatz. Alle Flaggen zeigten auf weißem Grunde den roten Adler mit goldenem Zepter im blauen Brustschild.

Nach der Indienststellung im Sommer 1675, schreibt Hans Szymanski auf, woraus sich der Leser ein Bild davon machen mag, wie es damals auf dem Meere zuging, hat die Fregatte BERLIN … an folgenden Aktionen teilgenommen:
• Im September 1675 vergeblicher Angriff auf die schwedische Festung Karlsburg, die an der Unterweser (auf dem Gelände der heutigen Stadt Bremerhaven) lag;
• Im November 1675 verfolgte die Fregatte auf der Niederelbe das französische Kaperschiff LA ROYALE DE DUNQUERQUE bis vor Hamburg. Die Herausgabe verweigerte Hamburg mit Rücksicht auf Frankreich. Für die entgangene Beute musste die Stadt dem Kurfürsten eine Entschädigung zahlen.

Seit Mitte Mai 1676 wurde das Schiff in der Ostsee gegen Schweden eingesetzt.
• Die Fregatten BERLIN und KÖNIG VON SPANIEN eroberten am 4. Juni 1676 östlich von Rügen gemeinsam mit der Galiot CLEVE die schwedischen Brander LEOPARDEN (22 Kanonen) und DIEDERICK (4 Kanonen). Dem LEOPARDEN waren vorher im Gefecht mit dänischen Schiffen Großstenge und Vormarsrah weggeschossen worden.
• Bald darauf erbeutete die Fregatte BERLIN die mit 4 Kanonen bewaffnete schwedische Kriegsgaliot MARIA, die damals den Postdienst zwischen Schweden und Stralsund vermittelte.
• Am 2. August 1677 brachte Kapitän Reers die schwedische Kriegsgaliot ENHORN, mit 12 Kanonen bestückt, auf.
• Am 23. September 1678 deckte die Fregatte BERLIN gemeinsam mit brandenburgischen und dänischen Kriegsschiffen den erfolgreichen Übergang brandenburgischer Truppen (etwa 7500 Mann) von Peenemünde auf die Insel Rügen.
• Im Jahre 1678 wurde die Fregatte BERLIN auch bei der Belagerung der zu Schweden gehörenden vorpommerschen Städte Stralsund (erobert am 25.10.) und Greifswald (erobert am 16.11.) eingesetzt.
• Um von Hamburg ausstehende Hilfsgelder einzutreiben, beorderte 1679 Kurfürst Friedrich Wilhelm 6 Kriegsschiffe in die Nordsee – darunter auch die Fregatte BERLIN. Diese Kriegsschiffe haben mehrere hamburgische Handelsschiffe aufgebracht, die in Kopenhagen versteigert wurden.
• Auf der Reede von Ostende eroberte (ein Konvoi, darunter BERLIN) am 18. September 1680 das große spanische Kriegsschiff CAROLUS SECUNDUS, befrachtet mit Brabanter Spitzen und feiner Leinwand (Versteigerungswert der Ladung 100 000 Taler). Die Wegnahme dieses mit 50 Kanonen bewaffneten Seglers hat damals großes Aufsehen erregt.
• Anschließend segelte ein Teil des Verbandes nach Westindien, dabei wiederum die Fregatte BERLIN. In den amerikanischen Gewässern sind nur drei spanische Schiffe erbeutet worden. Im Mai 1681 sind die 4 Fregatten wieder in Pillau eingelaufen.
• Zuletzt beorderte der Kurfürst am 20. November 1681 die Fregatte BERLIN nach den Hoofden zur Verstärkung der dort gegen spanische Schiffe kreuzenden brandenburgischen Schnauen FALKE und ST. JOHANN BATIST. Auch dieses Unternehmen ist bald aufgegeben worden. Die Prisengewinne deckten gerade die Ausrüstungs- und Heuerkosten.

Für die Zeit danach findet man in den Archiven nur wenig. 1684 lag das Schiff in Emden. Für die Brandenburgisch-Africanische Companie ist es Ende 1687 nach Westafrika ausgelaufen, damals STADT BERLIN genannt. Die Niederländisch-Westindische Kompanie beschlagnahmte es bereits am 7. Januar 1688 bei Fida an der Küste von Guinea, weil das Schiff nach Ansicht der Kompanie zu Unrecht in den Niederlanden ausgerüstet worden war. Damit endet die Geschichte der Fregatte BERLIN als brandenburgisches Kriegsschiff.

 
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