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Englische Fregatte von 1784

 

 

Vor fast genau 200 Jahren, am 15. Januar 1790, landete am anderen Ende der damals bekannten Welt ein Häuflein Engländer und Polynesier auf einer knapp 5 km2 kleinen Insel im Südpazifik.

Ihr Entdecker hatte sie vor Jahren Pitcairn Island genannt und versehentlich auf falscher Position in die Seekarte eingetragen. Das kam dem kleinen Häuflein sehr gelegen, bot dieser Umstand doch den Meuterern der BOUNTY und ihrer tahitischen Begleitung – um sie handelte es sich nämlich – auf Pitcairn für viele Jahre eine vor Verfolgung und Entdeckung durch die englische Marine sichere Bleibe. Die Insel erwies sich als unbewohnt und schwer zugänglich, aber durchaus bewohnbar. Möglichem Sinneswandel seiner Begleiter beugte Fletcher Christian, Anführer der Meuterer, dadurch vor, dass er die BOUNTY acht Tage später, nachdem alles Brauchbare von Bord geholt worden war, auf Grund setzen und verbrennen ließ.

Das Schiff war 1784 als Kauffahrer in Hull gebaut und auf den Namen BETHIA getauft worden.
Die britische Admiralität kaufte es und nannte es BOUNTY. Dieser Begriff bedeutete damals Geld des Staates für Rekrutierungsstellen, um in Kriegszeiten mit Prämien Freiwillige für den Dienst in der britischen Flotte an­zu­­­­­wer­ben. Man bewaffnete das Schiff und rüstete es 1788 für eine Reise nach Tahiti aus, um Brotfruchtbaumsämlinge auf die Westindischen Inseln zu bringen. Diese Pflanze sollte dort als billige Nahrungsquelle für die Sklaven der Zuckerrohrplantagen eingebürgert werden.

Ein Dreivierteljahr vorher, am 28. April 1789, hatten die 26 Meuterer Kapitän Bligh und 18 Getreue bei Tofoa (Freundschaftsinseln) mit dem Beiboot der BOUNTY ausgesetzt. Die Meuterer kehrten mit der BOUNTY nach Tahiti zurück. Ein Teil von ihnen blieb dort; Christian und die restlichen acht Gefolgsleute nahmen Kurs auf Pitcairn. Bei sich hatten sie sieben Männer und zwölf Frauen aus Tahiti, die zum Tauschgeschäft aufs Schiff gekommen waren.

Die Meinungen über die Ursache der Meuterei gehen auseinander. Die geläufigste ist, dass der Kapitän der Fregatte, William Bligh (1754-1817), ein übertrieben strenger Zuchtmeister war, der die Mannschaft, wenn er strafte, brutal behandelte. Wahrscheinlich fanden aber die Meuterer sowohl die Frauen als auch die Lebensart auf den Südseeinseln so anziehend, die sich so sehr vom Dienst an Bord eines britischen Kriegsschiffes unterschied.

Kapitän Bligh landete bereits am 11. Juni 1789 nach unglaublichen Strapazen und einer Odyssee von 3600 Seemeilen mit seinem offenen Boot auf Timor. Von dort reiste er über Batavia (seit 1950 Djakarta) nach England zurück, wo er über die Meuterei berichtete. Die britische Admiralität schickte daraufhin H.M.S. PANDORA nach Tahiti, um die Meuterer zurückzubringen und vor Gericht zu stellen. 14 wurden auf Tahiti verhaftet, aber vier von ihnen ertranken, als die PANDORA auf dem Großen Barrier-Riff Schiffbruch erlitt. Die zehn Überlebenden wurden nach Portsmouth gebracht und 1792 verurteilt, drei gehenkt.

Nach der Gerichtsverhandlung machte Bligh in der Marine Karriere, weil er eine entscheidende Rolle als Kapitän in den Schlachten vor Camperduin in Nordholland 1797 und vor Kopenhagen 1801 spielte, als Nelson Dänemark besiegte. Er unternahm eine zweite, dieses Mal erfolgreiche Brotfruchtbaumreise. Aber als er 1805 als Gouverneur nach Neu-Südwales in Australien gesandt wurde, stritt er sich mit seinem Vertreter über den Rumhandel. Die örtliche Miliz inhaftierte ihn und schickte ihn 1808 zurück nach England. Dort brachte er es 1811 zum Konter- und 1814 zum Vize­admiral, ehe er 1817 63-jährig starb.

Natürlich blieben die entkommenen Meuterer der BOUNTY nicht auf ewig unentdeckt. Im September 1808 stieß ein amerikanischer Robbenfänger, Kapitän Folger mit seiner TOPAZ, auf die Insel. Sein Bericht über die Entdeckung ging aber offenbar in den napoleonischen Wirren in Europa unter.

Erst 1814 wurde die Insel wieder von zwei britischen Kriegsschiffen angelaufen. Deren Kapitäne Hains und Pipon staunten nicht schlecht, als sie auf der vermeintlich unbewohnten Insel einen grauhaarigen, englisch sprechenden Patriarchen namens John Adams und eine ganze Schar Leute antrafen. So klärte sich das Rätsel um den Verbleib der Meuterer. Aber auch nicht weniger gestaunt haben mag Adams, der letzte überlebende Meuterer, allerdings, als er vom Schicksal Kapitän Blighs und von dessen abenteuerlicher Rückkehr nach England erfuhr.

In der Marinebibliothek des britischen Vertei­di­gungs­­ministeriums in London liegt ein Exemplar von James Cooks dreibändigem Werk, in dem er seine dritte Weltumsegelung beschreibt. Dieses gehörte William Bligh. Er hatte als Kapitän der RESOLUTION an dieser Weltumsegelung 1775-79 teilgenommen und sich als Navigator bewährt. Bligh nahm die Bücher mit auf die BOUNTY und schrieb viele Notizen auf die Seitenränder. Nach der Meuterei brachte Christian sie nach Pitcairn. Ungefähr 40 Jahre später lief eine britische Fregatte die Insel an, und so wurden sie wiedergefunden. Matrose Adams lebte noch und tauschte die drei Bände gegen Bleistifte und Papier. Es sagt viel über den neuen humanitären Geist aus, der sich im frühen 19. Jahrhundert in der britischen Marine ausbreitete, dass Adams nicht nach England vor Gericht gebracht wurde, sondern dass man ihm erlaubte, dort zu bleiben und sein Leben in Frieden zu beenden.

Das Leben der Meuterer und ihrer tahitianischen Begleiterinnen muss nach allem, was wir heute wissen, weder paradisisch noch konfliktfrei gewesen sein. Die Weißen behandelten die Tahitianer eher als Sklaven denn als Mitmenschen. 1800, zehn Jahre nach der Ankunft, war von den Meuterern nur noch John Adams am Leben. Des Lesens und Schreibens kaum mächtig, wandelte er sich zum anerkannten und frommen Oberhaupt, das sich für die Belange seiner Mit-bürger verantwortlich fühlte. Als er 1829 starb – über 60 Jahre alt –, hinterließ er ein geordnetes Gemeinwesen. Aber es fand sich aus dem Kreise der Nachfahren der BOUNTY-Meuterer kein geeigneter Nachfolger, und die alten Probleme, u. a. die Trunksucht, begannen von neuem.
 
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